Die Kündigung wegen Mietschulden

Wie hoch müssen Mietschulden sein, damit der Vermieter den Mietvertrag kündigen kann? Kann sich der Mieter "retten"?

Wohnungstür Kündigung bei Mietschulden - Foto: Antonina Bukowska

Die Kündigung wegen Mietschulden ist ein ernstes Thema!

Das deutsche Mietrecht ist extrem auf den Mieterschutz ausgerichtet! Es gibt nur wenige Fälle, in denen der Mieterschutz teilweise oder nahezu vollständig zurückgenommen wird. Hat der Mieter es zu Mietschulden kommen lassen, liegt ein solcher Ausnahmefall vor.

Nicht jeder Mietrückstand führt aber auch zu einem Kündigungsrecht des Vermieters. Ist ein solches Kündigungsrecht des Vermieters aber erst einmal entstanden und wird die Kündigung wegen Zahlungsverzugs fehlerfrei ausgesprochen, gibt es meist nur wenig Chancen für den Mieter, noch lange in seiner Wohnung bleiben zu können. Sowohl Mieter als auch Vermieter müssen daher aufpassen, wenn die Miete nicht in voller Höhe gezahlt wird: Fehler an dieser Stelle sind für beide Seiten meist nicht mehr reversibel!

Wie hoch müssen Mietschulden sein, damit gekündigt werden kann?

Eine Monatsmiete für die Dauer von mindestens einem Monat begründet ein Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung.

Mehr als eine, aber weniger als zwei Monatsmieten, entstanden in zwei direkt aufeinander folgenden Monaten, begründen ein Recht zur fristlosen und zur ordentlichen Kündigung.

Zwei volle Monatsmieten begründen ebenfalls ein Recht zur fristlosen und zur ordentlichen Kündigung, wobei egal ist, wann die Mietrückstände entstanden sind.

Nur laufende Mieten einschließlich der Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten sind Mietrückstände in diesem Sinne. Betriebskostennachzahlungen und sonstige unbezahlte Forderungen des Vermieters können zwar auch ein Kündigungsrecht begründen, doch bedarf es hierzu weit mehr, als des Zahlungsverzugs selbst.

Was viele nicht wissen: Ist erst einmal ein Kündigungsrecht wegen Mietschulden entstanden, so bleibt es bestehen, bis der letzte Euro dieses Mietrückstands getilgt ist! Der Vermieter kann also ggf. auch wegen eines Mietrückstands von nur zehn Euro wirksam kündigen, sofern nur zuvor ein entsprechend höherer Mietrückstand vorhanden war. Eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen Mieter und Vermieter über den Rückstand führt aber zum Wegfall dieses Kündigungsrechts.


Und was ist der Unterschied zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung?

Der Unterschied zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung ist seit einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2010 von erheblicher taktischer Bedeutung. In der reinen Lebenswirklichkeit hingegen beschränkt sich der Unterschied zwischen der fristlosen und der ordentlichen Kündigung auf die Frist, in der der Mieter (theoretisch) ausziehen muss bzw. der Vermieter bei Gericht Räumungsklage einreichen kann.

Die fristlose Kündigung wird automatisch unwirksam, wenn der Mieter seine Mietschulden komplett bezahlt. Er hat dafür Zeit bis zum Ablauf von zwei Monaten aber dem Tag, an dem ihm die Räumungsklage des Vermieters amtlich zugestellt wurde. Nur wenn der Mieter zwei Jahre vor dem Ausspruch der fristlosen Kündigung schon einmal wegen Mietschulden fristlos gekündigt worden ist, wird die Kündigung trotz Ausgleichs der Mietschulden nicht mehr unwirksam. Die Frist selbst ist beliebig kurz, eine Woche reicht aus.

Kurz: Wenn der Mieter nach einer fristlosen Kündigung zahlt, kann er in der Wohnung weiter wohnen bleiben.

Die ordentliche Kündigung wird nicht unwirksam, wenn der Mieter seine Mietschulden komplett bezahlt! Während es bei der fristlosen Kündigung nur auf den reinen Zahlungsrückstand ankommt und nicht auf das "Warum", ist für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung gerade diese Frage von Relevanz: Hat der Mieter lieber drängende Schulden statt der Miete gezahlt, so ist sie wirksam. Lag der Mieter nach einem Unfall einen Monat lang im Koma und konnte nicht zahlen, ist sie nicht wirksam. Die Frist beträgt zwischen drei und neun, in Ausnahmefällen bis zu zwölf Monate.

Kurz: Meist hat der Mieter seine Mietschulden selbst zu verantworten. Er verliert dann auf Grund der ordentlichen Kündigung im Regelfall immer seine Wohnung.


Fachanwalt Küdigung wegen Mietschulden Karsten Joppe

Was daraus für die mietrechtliche Praxis folgt:

In der mietrechtlichen Praxis können auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechnung fristlose und ordentliche Kündigung gleichzeitig zusammen erklärt werden. Dies hat für den Vermieter den Vorteil, dass sein Mieter in der Regel auch dann ausziehen muss, wenn er die Mietschulden nachzahlt. Man wird sagen dürfen, dass es heute zum absoluten "Muss" jedes Vermieters gehört, bei Mietschulden die fristlose und die ordentliche Kündigung parallel zu erklären.

Die Formulierung sollte daher wie folgt lauten:

Sie haben die Mieten für die Monate Januar und Februar 2017 in Höhe von jeweils 800,00 Euro nich gezahlt. Ihre Mietschulden belaufen sich derzeit auf 1.600,00 Euro. Ich erkläre Ihnen daher hiermit die fristlose Kündigung des Mietvertrags über Ihre Wohnung zum 15.02.2017. Hilfsweise erkläre ich Ihnen wegen der genannten Mietschulden hiermit auch die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Fazit: Für Vermieter stellen Mietschulden ihrer Mieter daher eine einmalige Chance dar, Mietverträge beenden zu können. Da solche Chancen selten zweimal kommen, dürfen bei der Kündigung und der anschließenden Räumungsklage keine Fehler gemacht werden! Mieter hingegen nehmen es mit ihren Zahlungspflichten oft nicht genau genug und begeben sich unnötig und leichtfertig des gesetzlichen Schutzes ihres Mietverhältnisses.